Der Esel ist weg!
Mutter hat die alten, handgemalten Krippenfiguren vorsichtig aus dem Papier gewickelt und stellte mit Schrecken fest: Er fehlt!
Ausgerechnet Ihr Lieblingstier war trotz mehrfacher Suche nicht auffindbar. Nun sind meine Eltern auch schon betagter und es fallen ihnen nicht nur Erinnerungen sondern auch mal der eine oder andere Gegenstand weg. Wird also eine ganz natürliche Erklärung zum Verschwinden unseres Langohres haben.
Leider ließ sich auf dem Dachboden auch kein Ersatz auftreiben.
Mutter war wirklich etwas geknickt, gehört er für sie doch mehr zur Krippe als die noch vorhandenen Schafe oder vielleicht sogar die weisen Männer, die ohnehin noch nicht dran sind.
Es hilft alles nichts, dieses Jahr ohne Esel. Zumindest vierbeinige. Gestern, am heiligen Abend in kleiner Familienkonstellation waren wesentlich mehr Krippenfiguren beisammen als beim Raclette versammelt. Neben gemeinsamem Musizieren der altbekannten Weihnachtslieder und dem Weihnachtskonzert mit dem Präsidenten via TV, auf das mein Vater bestand (enttäuscht wurden wir, weil an diesem schönen Abend so doch wieder ein Virus thematisiert wurde), las Mutter die Weihnachtsgeschichte vor, nachdem wir zunächst nicht sehr erfolgreich versucht hatten, diese gemeinsam auswendig aufzusagen.
Da fiel uns der Esel auf.
Beziehungsweise eher bemerkten wir, dass von einem Esel tatsächlich nichts in der Weihnachtsgeschichte steht. Aber er gehört so unbedingt dazu. Nicht nur für meine Mutter. Wir waren neugierig und das Internet bot recht interessante Informationen zu dem Esel an der Krippe.
Besonders die Bilder von Darstellungen aus dem 4.Jh , wo ausschließlich Ochs und Esel bei dem Neugeborenen sind - weder Joseph noch Maria - sind ein deutlicher Verweis auf seine symbolische Relevanz, seine gute, begründete Berechtigung als Krippenfigur.
Zumindest wir drei Generationen vor Ort, neben der Krippe ohne Esel, hatten gar nicht mehr die Bedeutung gewusst.
Hättest Du, wehrte/r Leser*in es gewusst?
Wikipedia schreibt über die Tiere an der Krippe:
“Die scheinbar dummen Tiere Ochse und Esel, die seit dem 4. Jahrhundert zum Weihnachtsbild gehören, kennen ihren Herrn und den Ort ihrer Nahrung. Sie sind klüger als die Menschen, die trotz ihrer Vernunft dafür blind sind. „Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber hat keine Erkenntnis, mein Volk hat keine Einsicht.“ (Jes 1,3 EU) Die Kirchenväter legen das Motiv als Allegorie spezifischer aus: Der Ochse steht für das Volk Israel und ist manchmal mit einem Joch dargestellt, welches das jüdische Gesetz symbolisiert, und der Esel steht für die Heiden. Das Judentum erkennt zwar seinen Herrn an, erkennt ihn aber nicht in dem Kind, während sich die Heiden dem richtigen Glauben zuwenden. Gregor von Nyssa entwickelt den Gedanken weiter: Zwischen den an das Gesetz gebundenen Juden und den vom Götzendienst belasteten Heiden liegt der Gottessohn, der sie von ihren Lastern befreit. Erst ab dem 5. Jahrhundert – nach dem Konzil von Ephesos – erscheint Maria an der Krippe. Ab dem 6. Jahrhundert treten die Tiere in den Hintergrund und Maria und das Kind werden zum Mittelpunkt des Weihnachtsbildes. Diese Überlieferungen münden dann im 7. Jahrhundert in das Pseudo-Matthäus-Evangelium.”
Nächstes Jahr muss ein neuer Esel her.
Für dieses Jahr an Alle: Gesegnete Weihnachten und ein gutes neues Jahr voran...ob mit oder ohne Esel. Solange Jesus da ist, in dem die Liebe Gottes zu uns kam, gegenwärtig ist, ist es gut.
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